Beerdigung

26. Juli 1930. Neue Zeitung

3000 protestieren auf dem Friedhof
Die Beerdigung der Lehrerin Elly Maldaque Regensburg

Die Leiche der verstorbenen Lehrerin Elly Maldaque wurde am Montag im Laufe des Nachmittags von der Irrenanstalt Karthaus-Prüll in die Leichenhalle des protestantischen Friedhofes überführt. Im »Regensburger Anzeiger«, dem katholischen Blatt, welches über den ganzen Fall nicht eine Silbe verloren hatte, erschien die Todesanzeige mit der Bemerkung: Die Beerdigung findet in aller Stille statt. Feige wie man an der Verstorbenen im Leben gehandelt hat, ebenso feige wollte man der Toten die letzte Ehre verweigern von ihren Freunden. Denn, daß die Elly Maldaque Freunde hatte in allen Schichten der Bevölkerung, konnte man bei dem Besuch im Friedhof sehen. Schon Dienstag früh pilgerten Tausende dahin, um sie nocheinmal zu sehen, später kam das Gerücht, die Beerdigung solle nachmittags 1 1/2 Uhr stattfinden und da kamen Unzählige, um daran teilzunehmen. Bis zum Schluß harrten die meisten aus, glaubte die Menge doch, mein würde die Beerdigung ohne Beisein irgend jemands vornehmen. Wurde doch jede Auskunft von Seiten der Behörden sowohl als von Seiten des Vaters strikt verweigert. Endlich konnte man erfahren, daß die Beisetzung Mittwoch nachmittags um 3 Uhr stattfindet. Schon Mittags begann die Wanderung zum Friedhof, so daß bis zu dem festgesetzten Zeitpunkt ein paar Tausend versammelt waren. Am Leichenzug beteiligten sich außer den Verwandten fast die gesamte Lehrerschaft von Regensburg sowie die Schülerinnen des zweiten Kurses und die ehemaligen Schülerinnen des achten Kurses. Letztere stellten auch den Grabgesang; ebenfalls legten die Schülerinnen prächtige Kränze nieder mit der Versicherung, ihre gute Lehrerin nicht zu vergessen. Weitere Kränze mit Widmungen wurden niedergelegt von einer Lehrerin im Namen ihrer Kolleginnen und von einem Lehrer der »Von-der-Tann-Schule«. Dieser beklagte den Verlust auf das tiefste und betonte wiederholt, daß die Lehrerin Maldaque eine der besten Kräfte der Stadt gewesen sei. Erschütternd war es, als der greise Lehrer schilderte, daß Elly Maldaque gerade für die Kinder, welche besonders begabt waren, und für die Kinder der Arbeiter ein besonders gutes Herz gehabt habe und ihnen all ihre Sorgfalt gewidmet habe. Kein Auge blieb trocken bei diesen Worten, nur ihr eigener Vater hatte keine Träne für sein Kind; unerschüttert wie der zu Stein gewordene Egoismus stand er da, die Lieblosigkeit die er seiner Tochter gewidmet im Leben und bei ihrem schauerlichem Tode, sie reichte noch über das Grab hinaus. Dem Freien Turn- und Sportverein, der ihr ebenfalls einen Kranz widmete und welcher auch den Sarg tragen wollte, wurde dies vom Vater untersagt, er verbot sogar bei der Kranzniederlegung einen Nachruf zu halten. Wahrscheinlich dürfte er von der feindseligen Stimmung, die unter allen Anwesenden gegen ihn herrschte gehört haben, denn warum hätte man sonst gleich drei Schutzleute in Uniform zu der Beerdigung abgeordnet, die sich am Grabe ganz in seiner Nähe hielten. Die Beteiligung am Begräbnis hat gezeigt, daß die gesamte Bevölkerung überzeugt ist von dem großen Unrecht, das an der Lehrerin Maldaque verübt wurde, wurde doch das Wort »Justizmord« offen von ganz bürgerlich eingestellten Leuten ausgesprochen.

(zitiert nach Jürgen Schröder "Horváths Lehrerin von Regensburg - Der Fall Elly Maldaque", 1982)