Zufälliger Tod eines Anarchisten

Premiere

Zufälliger Tod eines Anarchisten

von Dario Fo

13. Juni 2003
Theater an der Universität Regensburg

 


Besetzung

Maxl Sandra Friedberg
Kasperl Michl Boßle
Kommissar Bertozzo Michael Baade
Verrückter Hans Schröck
Wachtmeisterin Steffi Kastl
Kommissar Calabresi Kai Wolf
Wachtmeister Christian Weber
Polizeipräsident Frank Schmid
Journalistin Astrid Winklbauer
Bass Christian Mitzkus
Drums Roland Schneider
Gitarre Kurt Raster
Technik Antje Hornung
Bühnenarbeiter 1 Florian Lattner
Bühnenarbeiter 2 Stefan Fischl
Regie, Licht, Musik und Bühne Kurt Raster

Presseinfo

Zufälliger Tod eines Anarchisten

Aktualisierte Politgroteske an der Uni

Italien, 12. Dezember 1969

Ein Bombenattentat in der Landwirtschaftsbank an der Piazza Fontana in Mailand zerstört das Leben von 16 Menschen, 80 weitere werden schwer verletzt. Zerstört wird auch das bisherige Leben hunderter Freunde, Bekannter, Eltern, Geschwister, Partner, Nachbarn, Kollegen, Kegelfreunde ...

Die Vernichtung dieser Leben ist nicht der eigentliche Zweck des Anschlags. Die Regierung soll einen Vorwand bekommen, um gegen „linken Terror“ hart durchgreifen zu können. Die Schuldigen stehen daher sofort fest: ein völlig von Polizeispitzeln unterwanderter Zirkel Mailänder Anarchisten.

Die Rechnung von Militär, Mafia, Industrie, Regierung, Neofaschisten und CIA geht auf. Eine Machtübernahme der völlig eingeschüchterten und diskreditierten Linken ist nicht mehr zu befürchten. Natürlich geht das nicht von heute auf morgen. Noch 180 weitere Attentate mit Hunderten von Toten und abertausend zerstörten Existenzen sind nötig.

Der Anarchist

Während eines Verhörs im Zuge der Ermittlungen gegen die angeblichen Bombenattentäter stirbt der Anarchist Pinelli – „zufällig“, wie es im ersten Untersuchungsbericht heißt. Dario Fo läßt einen neuen Untersuchungsrichter auftreten, der den Herren Kommissaren und Polizisten ordentlich eins auf die Mütze gibt. Was dabei herauskommt ist eine lärmende Groteske. Und wie im richtigen Leben geht es schlecht aus: Bis heute wurden die wahren Attentäter nicht inhaftiert.

Was lehrt uns das?

Die Methoden der Mächtigen, um an der Macht zu bleiben, sind so alt wie primitiv. Wenn Klein Hansi Schokolade stiehlt, beschmiert er damit den Mund seiner schlafenden Schwester und schreit: Die wars! Wenn jemand Recht hat, hau ich ihm aufs Maul. Wenn du nicht spurst, mach ich dein Fahrrad kaputt.

Das ist alles ziemlich lächerlich, aber da es im Großen passiert, nennt man es nicht Schulhofgerangel, sondern Politik.

Das ueTheater fordert hiermit alle Regierungen der Welt auf, fortan keine Menschen mehr umzubringen. Sei es durch Kriege, Geheimdienstaktionen oder sonstigen Scheiß!


Kritik

Mittelbayerische Zeitung, 12. Juni 2003

Hitler bei der Mailänder Polizei

ueTheater spielt Dario Fos "Zufälliger Tod eines Anarchisten" an der Uni. Von Manfred Stuber

Regensburg. Die Leute vom ueTheater haben wohl gemerkt, daß die Terrorismus-Debatte der 70er nicht mehr nahtlos auf die heutige Situation paßt. Damals stellte sich die Staatsmacht unter dem Argwohn der Linken massiv auf die Hinterbeine und nahm es mit dem Recht nicht immer sonderlich ernst. Dario Fo schrieb sein Stück "Zufälliger Tod eines Anarchisten", nachdem in Mailand der eines Sprengstoff-Attentats verdächtige Eisenbahner Pinelli aus ungeklärten Gründen aus dem Fenster des Polizeipräsidiums zu Tode gestürzt war. Seine Unschuld stellte sich hinterher heraus, es kam der Verdacht auf, die Polizei habe ihn aus dem Fenster gekippt.

Dario Fo, der linke Spaßmacher, der mittlerweile den Literaturnobelpreis bekommen hat, packte seinen Kommentar zu dem Fall in eine Sarkastische Groteske, wobei er Anleihen bei der Comedia dell`Arte nicht scheute. Die Regensburger haben noch eins draufgesetzt, indem sie das Ganze in das Flair eines Kasperltheaters tauchten. Die erste Szene spielt komplett auf einer Rampe, wie man sie von Puppenbühnen kennt. Nur die Oberkörper sind zu sehen. Die Darsteller agieren ruckartig und übertrieben wie das Personal der Kinderbühne. Damit erreicht man eine Distanz zum Realismus, der 1970 noch berechtigt gewesen sein mag.

Heute, wo die Angst vor dem Terror der islamischen Fundamentalisten den Westen komplett eint, links wie rechts, fällt es nicht mehr so leicht, die fatalen Verrenkungen der Polizei bei der Verfolgung von Attentätern zu verlachen. Regisseur Kurt Raster hat darum folgerichtig Zwischenspiele zwischen Kasperl und Maxl eingebaut (sehr munter im bayerischen Dialekt: Michl Boßle und Sandra Friedberg), die eine Brücke zum Heute schlagen. Auch in Rostock, als der Mob ein Asylantenheim abfackelte, hielt sich die Polizei ja auffällig zurück. Wollte man den Volkszorn als Motor für ein schärferes Einwanderungsgesetz instrumentalisieren? Am Ende reichen die Parallelen durchaus, um aufzurütteln. Skandale, sagt Dario Fo, sind doch nur da, um die Macht der Mächtigen zu befestigen und die Aggression des Volkes fehlzuleiten.

Dario Fo hat einen genialen Dreh gefunden: Ein vorläufig verhafteter Irrer mit einem unbezähmbaren Faible für Rollenspiele schmeißt sich in die Position eines obersten Richters, um in gespielter Vertuschungs-Solidarität mit der Polizei, den Fenstersturz noch mal aufzurollen und die peinliche Wahrheit ans Licht zu bringen.

Hans Schröck spielt diesen Verrückten fast perfekt, in einer Kombination aus Hampelmann und Inquisitor. Seine Figur überzeugt durch Wandlungsfähigkeit und eine der Groteske angemessene Manieriertheit. Alle Akteure sind erfrischend kasperlmäßig, vom dickbäuchigen Kommissar-Zombie Bertozzo (Michael Baade) über die verschüchterte Wachtmeisterin (Steffi Kastl), den geschäftigen Kommissar Calabresi (Kai Wolf) bis zum willfährig-sprungbereiten Wachtmeister (Christian Weber). Ein wenig monoton wirkt Astrid Winklbauer als Journalstin.

Natürlich mußten Anspielungen auf Berlusconi herhalten, der ja auch weiß, wie man das Recht zu seinen Gunsten beugt. Ein wenig problematisch und übertrieben plakativ scheint mir, daß man den Polizeipräsidenten (Frank Schmid) zu einer unkaschierten Hitlerparodie stilisiert. Da haben die jungen Leute wohl noch nicht ganz begriffen, daß der Gröfaz ein Unikum war, das man nicht leichtfertig und inflatorisch herbei zitieren sollte. Die Live-Musik hat Kurt Raster geschrieben.


Dokumentation

Kasperltexte

In den Umbaupausen wurden kleine Kasperl- und Maxl-Sketche gespielt. Sie sollten das Publikum hindern, Dario Fos Stück als bloße, italienische Historie zu sehen.

A

Publikumseinlaß. Der Vorhang ist bereits geöffnet. Kasperltheaterkulisse. Umbaulicht auf Bühne. Publikumslicht wie Kinobeleuchtung. Kasperl von links, bis zum Boden gebückt. Man sieht nur den Arsch, wedelnd. Maxl kommt nach, kuckt auf Kasperl, kuckt ins Publikum und wieder auf den Kasperl und hockt sich schließlich achselzuckend auf den Tisch, brotzeitmachend.

MAXL: Du Kasperl, wos duast'n du do?

KASPERL: Ich suach a Glosaung.

MAXL: Für wos brauchst'n du a Glosaung?

KASPERL: I ned. Der Schauspieler vo gestern hots valoan. Und wei glei de nächste Vorstellung ageht, muaß es hoid suacha. Scheiß Job!

MAXL: A desweng hand so vai Leid do!

KASPERL: (schrickt hoch) Jesas, de sand ja scho olle do! Nomalerweis kemmand Studenten imma a viertel Stund zspät. Na macht nix. Dann muaß hoid heid ohne Glosaung geh. (Kasperl rückt Tisch und Stühle zurecht.)

MAXL: Du Kasperl, um wos geht'sn eigentlich in dem Theater?

KASPERL: Oh mei, des kanna da iats ned so schnei vazeihn. Irgendwie um Polizei, Anarchisten, Bomben, Politik, Journalisten, Kiarcha... vo ois hoid a weng.

MAXL: Aha. Und wea hod des erfunden?

KASPERL: Na na, erfunden is do nix, Maxl! Des is praktisch genau so gwen. Polizei hod oan mehr oder wenga umbracht und woats ois Selbstmord histein. Da Dario Fo hot a Bühnenstück draus gmocht, wo a Narischer sich ois Untersuchungsrichter ausgibt und den ganzn Grampf, den Polizei gsogt hot, namoi durchgeht.

MAXL: Aus is Kasperl! Des war bestimmt in an Schurken-Staat, wo so fette, schwoarze Schlitzaung mit Schnauzboart und Teifisgfris jedn Tog kloane Kinda s'Bluat aussaung, daß ganz kasig san!

KASPERL: Do teischt de, Maxl, des war in Italien. Und es is sogar no schlimma. Vo dem wos umbracht hamd, hams gsogt, daß a a Bombm glegt hot, wo 16 Leid gstorm sand. Dawei hams de Bombm seiba glegt, stei da des foa, Maxl! De hamd de Bombm seiba glegt, damits song kinnan: de warns! Wei, woarst, da warn grod Wahlen und klar, Bombenleger weiht koa Mensch.

MAXL: Des is ja krank! Erwachsene Leid mochan sowos! Des is ja des reinste Kasparltheater!

KASPERL: Vorsicht, ned frech wern! Des is ois hohe Politik, des vastehst du ned ... (Kasperl rutscht aus, man hört riesiges Gepolter. Langsam rappelt er sich wieder hoch und hält ein Glasauge zwischen zwei Fingern.) Do is ja. Na, dann kanns ja losgeh. Hop, Maxl, moch an Vorhang zua!

B

MAXL: (kommt von der linken Seite) Du Kasperl, i glaub, dea is gao ned so narisch.

KASPERL: (kommt in der Mitte der Abblende hoch) Na, übahaupt ned! Der duad nua so. Oda a ned. Wei, es ist ja oft a so, agrad dann, wennst am meisten Recht host, songan d'Leid, du spinnst. Entweder se haun da oane afs Mei, oder se lochand de aus. (Kasperl und Maxl fangen an, die Bühne umzubauen)

MAXL: Des kinnans oba nur dann, wenns steaka san wia du!

KASPERL: Oda wenns mea Geid hom. Denn, wia sogt scho da oide Konfusius: Wea zoaht schaft a!

MAXL: I kenn des na anders, woat a moi, glei hob es räuspert sich kurz: Die herrschenden Gedanken sind die Gedanken der Herrschenden, Karl Marx!

KASPERL: (schaut den Maxl völlig entgeistert an) Woher hostn des?

MAXL: Hob i glesen.

KASPERL: Dua fei afpassn. Vielleicht is heid oana vo da Zeitung im Publikum. Und wenns du praktisch sogst, das ea nua schreibt, wos de Großkopfatn hean mengand, gibts a schlechte Kritik. Da kennans nix. Da hamma unsan Laientheater-Bonus glei vaspeit.

MAXL: Oje! (Beide schweigen einige Zeit). Kasperl?

KASPERL: Ja?

MAXL: Mia sand doch hia an da Uni?

KASPERL: Ja, und?

MAXL: An da Uni mochans doch den ganzen Dog nix anders, wia nach der Wahrheit forschn?

KASPERL: An Scheißdreck! Zuscheißn doans de Studenten mit imma neie Formeln und Paradigma, damits ned zum Denga kemmand.

MAXL: Iats übatreibst oba Kasperl.

KASPERL: Na überhaupt ned, des is wissenschaftlich erwiesen. Wenn irgendoa Politiker für seine Spezln wos doa mechat, zum Beispiel Steuerbefreiungen für de Supareichn, dann hupfan glei zehne vo de Wissenschaftler daher und schrein: "Des is guat, des haift olle weira, mia hama do de und de Formel und haufaweis Statistiken."

MAXL: Und de Studentn glaum des?

KASPERL: De glaum des! De learnan im Grundstudium, daß ma olle freie Wirtschaftssubjekte san. Und wenn oana oam is, dann ned desweng, wei ea koa Oabat hod, sondan weil er sich für des Gut "Freizeit" entschiedn hod.

MAXL: Koa Witz?

KASPERL: Koa Witz! Des wiard sogar in Prüfungen abgfragt.

MAXL: Omei, dann gibts übahaupt koa Hoffnung?

KASPERL: Na! Aussa uns zwoa gibts koane.

C

Der Verrückte versucht Calabresi und den Polizeipräsidenten aus dem Fenster zu stoßen. Nach dem Lichtwechsel agieren sie in Zeitlupe. Maxl und Kasperl kommen unter Bühne hervor. Maxl und Kasperl halten Kescher unter das Fenster.

MAXL: Du Kasperl, des find i aber iats a ned richtig, daß da Narische saiba oa umbringt.

KASPERL: Desweng san ma ja mia do, daß nix passiert.

MAXL: Glaubst du wirklich, daß de Polizei sowas duad, i moan Leid umbringa, a bei uns in Deitschland?

KASPERL: De Polizei mocht ois, wos ia gsogt wiard, und manchmoi sogoa mea. Vorauseilenden Gehorsam nennt man des!

MAXL: Wia moanst iats des?

KASPERL: Voa a boa Joa hamd hunderte vo Nazis fünf Dog lang a Haus, wo Ausländer drin gwohnt hamd, belagert. De hamnd Brandbomb afs Haus gschmissn und hamnd gschrian: Mia bringand eich um! Polizei hod gsogt, sie kinnan nix macha, se doan ois, wos in eana Macht steht. Grod a handfoi Beamte, de meiste Zeit nua so dreisge, warnd im Einsatz. A Wunda, daß koana gstorm is. Stei da voa, des Haus hod brennt! Und drinn warn de Ausländer! A boa Dog spära hamnd d'Leid in da gleichn Stodt gega de Nazis demonstriert. Af oamoi sand üba 2000 Polizisten dogwen.

MAXL: Und warum hod de Polizei nix geng de Nazis gmocht?

KASPERL: Tja, de Politiker woatn a neis Gsetz durchbringa, daß so guat wia koane Ausländer mehr zu uns eina defan, weis angeblich bei uns scho sovai gibt. Damit den Grampf a a jeda glaubt, hams olle Ausländer af oin Haufa gschmissn. De hamd dann zum Teil im Freien campiern miasn, wei koa Blotz mea do war. Wia dann de Nazis de wehrlosen Ausländer agriffa hamnd, hamnd de Politiker gsogt, des is da Volkszorn. Und schwubsdiwubs war des Gesetz durch.

MAXL: Des is aba fies! (Maxl betrachtet seinen Kescher und zieht ihn dann entschlossen zurück.( Zwecks mia kinnans obefoin! Maxl kriecht zurück.

KASPERL: Oba Maxl! (Kasperl folgt ihm)

D

(Kasperl und Maxl beenden die Pause und holen die Leute rein. Stehen dann in der Bühnenvorbaumitte. Schimpfen einzelne Leute, sie sollen sich hinsetzen, Handys aus usw.)

MAXL: Gei Kasperl, am Schluß vom ersten Akt hams oba scho a wengarl dick aufdrong. Wea duad'n sowos, daß a Revoluzzerliada singt, de wo a goa ned mog?

KASPERL: I ka ma des scho guat voastein. De hamd ja ned wirkli glaubt wos singan, ois Berechnung.

MAXL: Wos moanst du mit Berechnung?

KASPERL: Na ja, zum Beispiel Staatsbegräbnisse. Schau, erst schickans Soldaten in Kriag. Und wenns dann varreckan, doand de Politiker ganz übarrascht, kemmand ganz schwoarz daher und singan kitschige Liada. Life wird im Fernsehn d'Meß übatrong, wo oana vo de hächstn Bischöfe an Gott um Gnade für de im Dienste des Vaterlands gstorma awinselt. Und mit Flagge und Trauerrede weans don eigrom, unsere Helden.

MAXL: Oba warum schickans denn de Leid in Kriag, wenns eana hinterher leid duad?

KASPERL: Des is ja des wos i dia song woit: es duad eana ja ned leid. Se doant nua so.

MAXL: Kasperl, manchmoi mochst ma richtig Angst. So schlecht kans doch af da Weit ned zuageh.

KASPERL: Schau Maxl, Mord is des wichtigste Herrschaftsinstrument vo de Mächtign. De mordn, damit d'Leid Angst hamd. Und mit Leid, de wo Angst ham, kannst oase mocha. Des Mordn loßt se koa Regierung nehma. De Amerikaner zum Beispiel... (Musik setzt plötzlich ein, Kasperl und Maxl schleichen sich.)

E

Die Schauspieler bereiten alles für die Journalistin vor. Stuhl an die Tür, Pornokalender runter, Folterwerkzeuge weg. Der Verrückte verkleidet sich als Kriegsveteran. Maxl und Kasperl beobachten das Treiben und setzen sich dann vorne an den Bühnenrand.

KASPERL: (zum Publikum) Oana vo de Schauspieler muaß se iats umzoing, drum miaßma a bisserl woatn.

MAXL: Du Kasperl, woast wos ma heid passiert is? I bi mit meim Radl in da Burgunderstraß gfon, de is do im Kasernenviertl.

KASPERL: Ja, i kenn i.

MAXL: Da is a Bäckerei und do blokieren oft Autofahrer an Bürgasteig, wei de Parkplätz voa da Bäckerei füa lange Autos z'kurz san. Af da andarn Stroßnseitn gibts oba gnua gräßare Parkplätz.

KASPERL: De hand hoid z'faul zum Laufa.

MAXL: Grod wiane an da Bäckerei vorbeifoa, steigt so a oids Falschparker-Ehepaar aus an riesigen, funkelnagelneia Van aus. Hallo, hob e gsogt, sie blokiern grod an Bürgersteig, kann'ns ned bitte woanders parken?

KASPERL: Des war sehr höflich vo dia, Maxl!

MAXL: Scho, gei? Trotzdem hod da Mo gsogt, i soid me schleicha und eam ned bei da Oabat störn.

KASPERL: Warum bei da Oabat?

MAXL: Ea und sei Frau hamnd irgendebs in de Bäckerei gliefert, i glaub so Blättertoagzeig. War nua a gloans Kearbe voi. I ha dann no gsogt, se kinand ja af da andern Seitn parken, hand nua fünf Meter mehra. Und woast, wos de Frau dann gsogt hot?

KASPERL: Sog!

MAXL: I mecht woi, daß sie a Auto dafoht!

KASPERL: Mei is de bled!

MAXL: Vastehst. Seiba hams Angst voa Autos, aba wenn d'Leid, wenns an eanam Auto vabeiwoin, af Straß geh miasn, is eana des wuarscht.

KASPERL: Und wos host du dann gsogt?

MAXL: I bin nimma vai zum Ren kemma. Da Oide hod gsogt, is soid me schama, daß e Leid asprich, de in eanam Oita na Oabatn miasn.

KASPERL: Naja, vielleicht spoarns ja af an Rolls Royce?

MAXL: Und dann hoda zu mia na gsogt, bevor ea in Bäckerei eineganga is, und iats hoit de fest: "Woast du, wos ma mit so Zigeina wia dia früher gmacht hättn?"

KASPERL: Na!

MAXL: Wenn as da sog! Wei i eam quasi a bisserl an Anstand beibringa woit, schickt ea mi ins KZ!

KASPERL: Wei, es muaß ja ois sei Ordnung ham! Oh, da Schauspieler is fiate. Weira gehts!

F

Die Twin-Towers werden als rote Lichtbalken an die Theaterrückwand projeziert.

Moritat vom politischen Mord

In Chile hots an Allende gem
und Milch für die Kinda, und Land füa de Oama
Und oise war aufm besten Weg
A boa Leid hot oba des ned paßt
20 000 hams umbracht, an Allende ois ersts
da hamsa se gfreit, de Herrn vo da Demokratie

Mossadegh woats Erdöl für seine Iraner
satt 100 zu Null woata fifty fifty
vo Esso und Shell und wias olle hoasn
Da CIA hots mitn Schah wida gricht
und Folter und Todesstraf warn wieda Pflicht
da hamsa se gfreit, de Herrn vo da Demokratie

Da Lumumba hots gsogt wias war
am finstersten is des Herz vo de Weißn
koa Kultur, koa Mitleid, koa Scham
De Belgier warn vaschnupft, da Kiene beleidigt
da Geheimdienst hot gmocht kuarzn Prozess
da hamsa se gfreit, de Herrn vo da Demokratie

In Nigeria an Ken Saro-Wiwa
in Bolivien an Che
1 Million Kommunisten in Indonesien
In Kolumbien zehne pro Woch
2000 Serben, 5000 Afghanen
und jeda is da next.

Des is de Moritat vom politischen Mord
Wenn's das Mei afmochst fegt es dich hinfort
nua Woarmduscha doan argumentiern
Wer schreit hod Unrecht hoasts und erst recht de de mordn!
a Kasparltheater, wer ma langsam erwachsn!


Szenenbilder